5. Mai 2012

Kurzkritik: The Innkeepers

"Did you hear that?" -

Er wird einfach immer besser: Nachdem Ti West dem Kino mit HOUSE OF THE DEVIL vor nicht allzu langer Zeit die wohl liebevollste Genreverehrung und -verinnerlichung der letzten Jahre beschert hat, waren die Erwartungen hoch, doch auch dem neusten Streich gelingt es problemlos, sich in das augenscheinlich stetig (noch) besser werdende Œuvre des Regisseurs einzureihen: Getreu der Überzeugung, dass die Form ungleich wichtiger als der Inhalt sei, versucht sich THE INNKEEPERS erst gar nicht an ausufernden Twists oder abstrakten Narrationsstrukturen, sondern erzählt angenehm altmodisch von einem kleinen, kurz vor dem Bankrott stehenden Hotel, einer Tragödie in der Vergangenheit und natürlich von ruhelos umher spukenden Seelen.

Vielleicht liegt in jener Bescheidenheit tatsächlich die große Stärke von Wests Werken: Sie begegnen sowohl ihren Charakteren als auch dem Zuschauer auf Augenhöhe. Keine postmodernen Reflexionen, kein ausgestelltes Namedropping für die Videothekennerds, keine ausufernden Subtexte - sie geben nie vor, mehr zu sein, als Märchen im Gewand eines Gruselfilms.

"What do they want?"
Vom körnigen VHS-Look des Vorgängers hat sich der Amerikaner verabschiedet, sein Gespür für atmosphärische Settings und das Talent eben jene in Szene zu setzen findet hier jedoch seinen bisherigen Höhepunkt: Seit Kubricks SHINING durfte man nicht mehr so elegant durch halbdunkle Gänge fliegen und sich in fast schon elegisch wirkenden Kameraschwenks verlieren und am Dekor satt sehen. Und obwohl der Film in seiner punktgenauen Darstellung von Räumlichkeiten fast schon mathematisch kalkuliert wirkt, gerät er doch nie zur Technik-Posse. Etwas, wofür sich Darsteller und Drehbuch gleichermaßen verantwortlich zeigen: Gerade weil die Figuren von Sara Paxton und Pat Healy keinen großartigen Plot-Ballast schultern müssen, weil sie im positiven Sinn einfach gezeichnete Charaktere sind, wirken sie vergleichsweise authentisch und ja: auch sympathisch. Ti West gelingt es, dem Mysteriösen etwas Alltägliches abzugewinnen: Spuk und Starbucks gehen Hand in Hand.

Mit dem ganz großen Schock kann und will THE INNKEEPERS auch am Schluss nicht rausrücken, vielmehr bleibt er von Anfang bis Ende ein wohlig gruseliges Kleinod an Film. Ein Geheimtipp auch -aber keineswegs bloß- für Nostalgiker.

9 / 10
erschienen bei: MehrFilm

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